Probezeitkündigung während der Arbeitsunfähigkeit – Geht das?
Es ist bekannt, dass die Probezeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eine "besondere Zeit" ist. Sie dient dazu, dass beide Seiten sich gegenseitig "beschnuppern" sollen. Auf Seiten des Arbeitgebers bedeutet dies v.a., dass er/sie sich mittels einer Kündigung mit einer üblichen Frist von 14 Tagen vom Arbeitsvertrag lösen kann, ohne dass für die Kündigung ein Grund vorliegen muss.
Das ist aber nur der Grundsatz und der ist auch soweit klar. Spannend sind allerdings diejenigen Fälle, die die sog. Ausnahme vom jeweiligen Grundsatz bilden. So hatten das Arbeitsgericht Frankfurt Am Main in 1. Instanz und das LAG Hessen in 2. Instanz zu entscheiden, ob eine Probezeitkündigung während der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers ein Maßregelverbot nach § 612a BGB darstellt und die Kündigung damit unwirksam ist.
(LAG Hessen v. 28.3.2025 - 10 SLa 916/24)
Was war geschehen?
In dem Kündigungsverfahren wollte ein Arbeitnehmer vom Gericht festgestellt wissen, dass eine Probezeitkündigung während einer Arbeitsunfähigkeitserkrankung ein Maßregelverbot nach § 612a BGB darstelle und die Kündigung damit unwirksam sei.
Klar ist, dass wegen der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), die Schutzvorschriften des KSchG nicht gelten. Eine Unwirksamkeit kann allerdings i.Ü. immer dann vorliegen, wenn die Kündigung gegen geltendes Gesetz verstößt. Hier kommt ein möglicher Verstoß gegen § 612a BGB, dem sog. Maßregelverbot, in Betracht. Das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB besagt -verkürzt gesagt-, dass ein Arbeitnehmer vor Sanktionen des Arbeitgebers immer dann zu schützen ist, wenn dieser seine Rechte in zulässiger Weise ausübt. Vorliegend war der Arbeitnehmer der Ansicht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB, weil dieser sein Recht auf bezahlte Freistellung wegen Arbeitsunfähigkeit ausübe und sein Arbeitgeber ihn deswegen mit der ausgesprochenen Kündigung sanktioniere.
Die Entscheidung
Mit Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG stellt das LAG Hessen klar, das ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB vorliegen könnte, wenn ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, da er damit sein Recht geltend macht, nicht zur Arbeit erscheinen zu müssen und der Arbeitgeber ihm daraufhin kündigt, um sich der Lohnfortzahlung wegen Krankheit zu entziehen (BAG v. 20.5.2021 - 2 AZR 560/20).
Diesen Umstand haben die beiden Instanzen hier nicht festgestellt. Es fehle der erkennbare Kündigungswille des Arbeitgebers, um sich von der Lohnfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit zu befreien. Hierfür seien zu wenige Anhaltspunkte ersichtlich gewesen, so die Richter.
23.05.2025 O.K.