Rechtsprechung

Eingruppierung von Erzieherinnen in einer KiTa

In einem aktuellen Verfahren vor dem hessischen Landesarbietsgericht (Beschluss v. 5.08.2025, Az 4 TaBV 113/24) ging es um die Frage, ob Erzieher/-innen einen Anspruch auf eine Vergütung nach TVöD S8a oder S8b SUE (VKA) haben. Dreh- und Angelpunkt war die Frage, ob in der betroffenen KiTa ein "erhöhter Förderbedarf" bestand.

Der Begriff „erhöhter Förderbedarf“ nach der Protokollerklärung Nr. 6 g zu Abschnitt XXIV der Entgeltordnung zum TVöD (VKA) ist nicht anhand der Kriterien einer Landesförderung für Tageseinrichtungen (hier: § 32 Abs. 4 HKJGB) auszulegen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „erhöhter Förderbedarf“ in einem Tätigkeitsbeispiel erfolgt unter Berücksichtigung des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals der „besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten“ gemäß Entgeltgruppe S 8b TVöD (VKA). Eine Tätigkeit in Gruppen mit einem Anteil von mindestens 15 % von Kindern mit einem erhöhten Förderbedarf nach der Protokollerklärung Nr. 6 g liegt nicht bereits dann vor, wenn eine Tageseinrichtung aufgrund eines bestimmten Anteils (hier: 22 %) an Kindern, in deren Familien vorwiegend nicht deutsch gesprochen wird oder die aus Familien stammen, für die einkommensabhängige Leistungen Dritter an den Träger der Tageseinrichtung erbracht werden oder bis zu einer Freistellung von Teilnahme- oder Kostenbeitrag erbracht wurden, eine Landesförderung erhält bzw. ein Mitarbeiter in einer Gruppe tätig ist, in welcher die Förderungsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 4 HKJGB vorliegen. Ein „erhöhter Förderbedarf“ besteht bei einzelnen Kindern oder Jugendlichen, wenn der berufstypische normale Förderbedarf deutlich überschritten ist.

Die Erzieherinnen hatten deshalb in diesem Fall keinen Anspruch auf die begehrte Eingrupperung gemäß VKA SUE 8b.

 

Berlin, 11.11.2025 MdC

Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung

In einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg (Verfahren 21 K 1202/25), in dem es um die Aufhebung arbeitnehmerschutzrechtlicher Anordnungen durch die Arbeitsschutzbehörde gegenüber einer internationalen Wirtschaftskanzlei ging, entschied das Gericht hinsichtlich der Aufzeichnungspflicht zu Gunsten der Behörde.

Das Gericht entschied in dem Verfahren  über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen zur Arbeitszeiterfassung, Unterweisung und Kontrollpflichten, die von der zuständigen Behörde erlassen wurden, und behandelte dabei insbesondere Fragen der Ermächtigungsgrundlagen, Verhältnismäßigkeit und Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften.

Hintergrund des Verfahrens war, dass die Arbeitsschutzbehörde Beschwerden über massive und systematische Überschreitungen des Arbeitszeitgesetzes erhielt. Insbesondere wurde angegeben, dass Arbeitszeiten von 9 bis 22/23 Uhr regelmäßig vorkommen und Mandanten entsprechend abgerechnet würden. Die Behörde führte daraufhin eine Online-Konferenz und eine Vor-Ort-Besichtigung durch, wobei festgestellt wurde, dass keine Arbeitszeiterfassung erfolgte. Daraufhin erließ die Behörde diverse arbeitnehmerschutzrechtliche Anordnungen, die insbesondere die Aufzeichnung der Arbeitszeiten, die Unterweisung der Mitarbeiter und Kontrollpflichten der Führungskräfte betrafen.

Berlin, 10.11.2025 MdC

 

Zustellung auch per Einwurfeinschreiben nicht mehr zu empfehlen

In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg (Urteil v. 14.07.2025, AZ: 4 SLa 26/24) entschied das Gericht, dass selbst eine Zustellung per Einwurfeinschreiben nicht unbedingt genügt, um den Empfang eines Schriftstückes zu beweisen.

Im Leitsatz wird dazu ausgeführt:

!Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (im Anschluss an BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 2 AZR 213/23 –, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2023 – VI ZR 76/23 –, Rn. 19, juris).
Sind auf der Reproduktion des Zustellbelegs bei einem Einwurf-Einschreiben die Art der Sendung (Einschreiben Einwurf), die Sendungsnummer, die Postleitzahl und der Zustellbezirk erfasst, stehen unter der Kategorie Empfangsberechtigter zum Ankreuzen die Möglichkeiten „Empf“, „EmpfBev“ und „And.EmpfBer“ zur Verfügung und steht hinter dem Titel Empfangsbestätigung der Text „Ich habe die o.g. Sendung dem Empfangsberechtigten übergeben, bzw. das Einschreiben Einwurf in die Empfangsvorrichtung des Empfängers eingelegt“, streitet bei Übersendung eines Schriftstücks per Einwurf-Einschreiben und gleichzeitiger Vorlage des Einlieferungsbelegs und der Reproduktion des Auslieferungsbelegs nicht der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang dieses Schriftstücks bei dem Empfänger."

 Das Gericht sah in diesem Verfahren zwar auch das  hohe praktische Bedürfnis an nachweisbaren Sendungen, führte aber aus, dass dies auch durch Übergabe-Einschreiben oder – bei zeitkritischen Sendungen – durch eine Zustellung per Boten gewährleistet werden könne.

Bei wichtigen und nachweisbaren Schreiben, wie z.B. Kündigungen, sollte daher immer die Boten-Zustellung gewählt werden.

Berlin, 20.10.2025 MdC

BAV auch für Lebensgefährtin eines Arbeitnehmers?

In der Unterzeichnung eines Lebensversicherungsantrags durch Arbeitgeber und Arbeitnehmerin kann eine vom Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin konkludent erteilte eine Versorgungszusage zu sehen sein, aufgrund derer er verpflichtet wäre, ihr die im Versicherungsvertrag festgelegten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu verschaffen. Im hier entschiedenen Fall durch das BAG mangelte es aber an mehreren Voraussetzungen.  In dem Antragsformular des entschiedenen Falles war der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer als versicherte Person angegeben; unter „Bezugsrecht“ ist sowohl unter „Versicherungsablauf“ als auch bei „Tod der versicherten Person“ als bezugsberechtigte Person der Arbeitgeberin durch Ankreuzen eines Auswahlfeldes bestimmt.

Unabhängig davon erteilte der Arbeitgeber in diesem Fall auch keine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Dieser Paragraph regelt nämlich, dass die Zusage einem Versorgungszweck dienen muss, die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werden muss und es sich zudem um die Zusage eines Arbeitgebers aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses handeln muss. Dreimal ein "MUSS", welches im hier entschiendenen Fall nicht vorlag.

Trotzdem ist die Entscheidung des BAG (Urt. v. 6.05.2025, AZ 3 AZR 118/24) recht lesenswert, da sie deutlich auf bestehende Risiken von Arbeitgebern hinweist.

10.10.2025 MdC

Kein Verzicht auf Mindesturlaub möglich

Im bestehenden Arbeitsverhältnis kann ein Arbeitnehmer nicht – auch nicht durch gerichtlichen Vergleich – auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten. Dies gilt auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststeht und absehbar ist, dass der Arbeitnehmer bis dahin seinen Urlaub wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht wird in Anspruch nehmen können. 

So entschied das BAG in seinem Urteil vom 3.06.2025 (Az 9 AZR 104/24), zu dem nun seit einigen Tagen auch der Volltext vorliegt.

MdC 10.10.2025

Kein Sonderkündigungsschutz für Mitarbeiter, der in Probezeit Betriebsrat gründen möchte

Mit einer interessanten Kündigungsschutzfrage hatte sich das LAG München zu beschäftigen. Ein neuer Mitarbeiter wollte in der Probezeit einen Betriebsrat gründen und informierte darüber auch seinen Arbeitgeber. Der kündigte in der Probezeit. Der Mitarbeiter berief sich nun auf den Sonderkündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG zunächst erfolgreich vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz. Der Arbeitgeber ging damit vor das Landesarbeitsgericht und bekam dort Recht. Der Sobderkündigungsschutz greift nach Auffassung des LAG München nicht in der Wartezeit des KSchG, die in der PRaxis meist identisch mit der üblichen 6-monatigen Probezeit ist. Wer weiterlesen möchte, der kann auf die Pressemitteilung des LAG zugreifen.

Überstundenzuschläge für Teilzeit-MA

Eine Teil­zeit­be­schäf­tig­te macht Über­stun­den, doch einen Über­stun­den­zu­schlag er­hält sie nicht. Den gibt es laut Ta­rif­ver­trag erst, wenn die Ar­beits­zeit für Voll­zeit­be­schäf­tig­te über­schrit­ten wurde. Das ist dis­kri­mi­nie­rend, fin­det das LAG Ber­lin-Bran­den­burg ( Urt. 16.05.2025, Az 12 Sa 1016/24).

Die Revision wurde zugelassen und es wird spannend, wie sich hier das BAG positionieren wird.

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der K
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Nikolaiwall 3

27283 Verden

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