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Überstunden: Darlegungs- und Beweislast

In einem erst jetzt veröffentlichten Urteil des LAG Hamburg (Urteil vom 6.Februar 2024 , Az: 6 Sa 14/23) ging es um die (fehlende) Anordnung von Überstunden. Gleichwohl versuchte die Arbeitnehmerin (erfolglos) die angesammelten Überstunden geltend zu machen. In den Leitsätzen der Entscheidung heißt es:

1. Gerichte sind nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren. Erforderlicher Sachvortrag kann nicht durch die bloße Vorlage von Anlagen ersetzt werden. Werden aber tabellarische Aufstellungen konkret in Bezug genommen, die aus sich heraus verständlich sind, verlangt dies keine unzumutbare Sucharbeit des Gerichts. Es wäre eine nicht zu rechtfertigende Förmelei, wollte man die Partei für verpflichtet halten, eine solche Aufstellung kopieren oder abschreiben zu lassen, um sie in den Schriftsatz selbst zu integrieren.

2. Eine von der Arbeitgeberin für regelmäßig vorkommende Geschäfte erteilte Handlungsvollmacht betrifft die Vertretung des Unternehmens nach außen bei Geschäften mit Dritten und berechtigt den Arbeitnehmer nicht zu entgeltrelevanten "Überstundenanweisungen an sich selbst".

3. Die pauschale Behauptung, dass die Vielzahl der Aufgaben nicht in der vertraglichen monatlichen Arbeitszeit erledigt werden konnten, genügt nicht, um eine konkludente Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber darzulegen. Denn es wird nicht deutlich, welche einzelnen Tätigkeiten in einem bestimmten Zeitraum (Tag, Woche, Monat) aufgrund der Aufgabenzuweisung durch die Arbeitgeberin von dem Arbeitnehmer zu erledigen waren, welche Zeit diese Tätigkeiten im Einzelnen beanspruchten und weshalb es nicht möglich war, die anfallenden Aufgaben innerhalb der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit zu erledigen.

4. Aus der bloßen Kenntnis der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin von Stunden- und Arbeitsnachweisen ergibt sich noch kein Einverständnis mit der Leistung von Überstunden. Die widerspruchslose Entgegennahme der vom Arbeitnehmer gefertigten Arbeitszeitaufzeichnungen reicht nicht aus für die Billigung von Überstunden.

 

Die Entscheidung schließt an die bisherige Rechtsprechung an.

Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts?

Das Landesarbeitsgericht Hannover (Urteil v. 10. September 2024,Az: 10 SLa 221/24) befasst sich mit dem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für gleichwertige Arbeit und den damit verbundenen Auskunftsansprüchen. Die Klägerin, eine Tierärztin, forderte Auskunft über die Gehälter ihrer männlichen Kollegen, um eine geschlechtsbezogene Lohndiskriminierung nachzuweisen. Das Gericht wies die Klage ab, da die Klägerin nicht ausreichend darlegen konnte, dass sie die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit wie ihre männlichen Kollegen verrichtete und dass eine geschlechtsbezogene Benachteiligung vorlag.

Außerhalb des Entgelttransparenzgesetzes sah das Gericht keinen Auskunftsanspruch des Arbeitgebers, so dass in diesem Verfahren die Arbeitnehmerin bereits an der Darlegungs- und Beweislast scheiterte.  Wohl aber sah das Gericht, dass § 22 AGG  auch im Rechtsstreit um gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit unabhängig vom Geschlecht maßgebend sei. Theoretisch hätte die Arebitnehmerin aber auch dazu entsprechende Inditien vortragen müssen. So muss eine Partei muss nach den unionsrechtlichen Vorgaben zur Begründung der Kausalitätsvermutung iSv. § 22 AGG nur darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass ihr Arbeitgeber ihr ein niedrigeres Entgelt zahlt als ihren zum Vergleich herangezogenen Kollegen des anderen Geschlechts und dass sie die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichtet. Ist der Partei dies gelungen, reicht dies - auch unter Berücksichtigung des Gebots der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts (effet utile) - aus, um die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass die Entgeltungleichbehandlung wegen des Geschlechts erfolgt und eine Umkehr der Beweislast herbeizuführen.

Das schaffte die Arbeitnehemrin aber im entschiedenen Fall nicht.

 

 

Urlaub und Mutterschutz bzw. Elternzeit

Wie fatal es (für Arbeitgeber) werdn kann, wenn die Küzungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs in der Elternzeit nicht vorgenommen wird, das zeigt ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16.04.2024 – 9 AZR 165/23).

Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Dies gilt nach § 17 Abs. 3 BEEG auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt wird.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt weiterhin voraus, dass zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offene Urlaubsansprüche bestehen, die nicht mehr erfüllt werden können, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist. Der Arbeitgeber muss deshalb Urlaubsansprüche in der Elternzeit aktiv kürzen, da diese Ansprüche sonst nicht verfallen.

Im hier entschiedenen Fall standen einer Arbeitnehmerin am Ende des Arbeitsverhältnisses deshalb noch 146 (!) Urlaubstage zu

 

Annahmeverzugslohn - Darlegungs- und Beweislast

Zur Darlegungs- und Beweislast beim Annahmeverzug hat sich das LArbG Stuttgart in seinem Urteil vom 11.September 2024  (Az: 4 Sa 10/24) befasst. Zusammengefasst werden kann die Entscheidung in 3 Leitsätzen:

1. Klagt der Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Entlassung auf Zahlung von Annahmeverzugsentgelt, muss er sich gemäß § 11 Nr. 2 KSchG das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Von der demnach erforderlichen Kausalität eines böswilligen Unterlassens für einen entgangenen anderweitigen Verdienst kann nur ausgegangen werden, wenn dem Arbeitnehmer die anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bekannt war bzw. bekannt gemacht wurde.

2. Im entsprechenden Rechtsstreit trägt der Arbeitgeber grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer eine zumutbare Tätigkeit gefunden hätte und dass er diese konkrete Tätigkeitsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits während des Annahmeverzugszeitraums konkrete Stellenangebote unterbreitet, obliegt es im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast dem Arbeitnehmer, so konkret wie möglich hierzu vorzutragen.

3. Eine Darlegungslast des Arbeitnehmers kann aber nicht ausgelöst werden, wenn der Arbeitgeber erst nach dem Ende des Verzugszeitraums ermittelte Stellenangebote vorträgt, die auf dem Internetportal "Jobbörse" der Agentur für Arbeit gestanden haben sollen.

 

 

Alarmbereitschaft als Arbeitszeit?

Das OVG Nordrhein-Westfalen entschied in seinen Urteilen v. 30.09.2024 (Az. 6 A 856/23 und 6 A 857/23),  dass Alarmbereitschaft als Arbeitszeit gilt und berief sich dabei auf das Europarecht. Zwei Feuerwehrmänner der Mühlheimer Feuerwehr bekommen daher nun finanzielle Entschädigung für geleistete Alarmbereitschaftszeiten.

Wie schwierig die Abgrenzung zwischen Rufbereitschaft, Bereitschaft und „Normalarbeit“ ist, das wurde bereits ausgiebig im letzten Blickpunkt Jugendhilfe erörtert. Ob mit diesem Urteil noch einmal weitere Aspekte der Bewertung von Arbeitszeit in die Rechtsprechung einfließen wird abzuwarten sein. Da das Urteil zum Redaktionsschluss noch nicht im Volltext vorlag, wird darauf ggf. in der kommenden Ausgabe noch einmal zurückzukommen sein.

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