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Sozialversicherungs­rechengrößen 2023 beschlossen

Das Bundeskabinett hat heute die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2023 beschlossen.

Mit der Verordnung werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2021) turnusgemäß angepasst. Die Werte werden – wie jedes Jahr – auf Grundlage klarer gesetzlicher Bestimmungen mittels Verordnung festgelegt.

12.10.2022 Mdc

Arbeitgeber darf PCR-Test anordnen

"Der Arbeitgeber kann in Umsetzung der ihn treffenden arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen nach § 618 Abs. 1 BGB iVm. § 106 Satz 2 GewO
berechtigt
sein, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests einseitig anzuordnen."

So der Leitsatz des lange erwarteten Urteils des BAG vom 01.06.2022 (5 AZR 28/22). Unseres Erachtens war mit dieser Entscheidung zu rechnen, reiht sie sich doch in die aktuelle Rechtsprechung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz ein.

Man sollte wie bei allen Entscheidungen allerdings nicht versucht sein, das Urteil pauschal anzuwenden. Auch im Rahmen des § 618 BGB muss berücksichtigt werden, inwieweit ein entsprechender Eingriff zulässig ist. Hilfreich ist dafür wie in vielen vergleichbaren Fällen ein Hygienekonzept, welches den allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Standards genügt.

10.10.2022 MdC

Einrichtungsbezogene Impfpflicht und Freistellung / keine Lohnfortzahlungspflicht

In einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln (ArbG Köln v. 21.7.2022 - 8 Ca 1779/22) geht es um die Freistellung einer nicht geimpften -und aus diesem Grund ohne Lohnfortzahlung freigestellten- Pflegekraft. Das Gericht entschied, dass weder einen Beschäftigungsanspruch noch ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht. Einer gesonderten behördlichen Entscheidung des Gesundheitsamtes bedarf es hierfür nicht, auch nicht in einem sog. "Bestandsarbeitsverhältnis" , welches bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung im IfSG bestand.

Das Arbeitsgericht hält ferner ein vom Arbeitgeber erstelltes Hygienekonzept, welches vorsieht, keine ungeimpften Arbeitnehmer mehr in einer der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterligenden Einrichtung zu beschäftigen, für nicht zu beanstanden.

Aus unserer Sicht war eine solche Entscheidung zu erwarten, auch wenn man nun noch einmal abwarten muss, wie die Sache von der nächsten Instanz gesehen wird. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und wird in die nächste Runde gehen.

Urlaubsrecht: Was passiert bei Langzeiterkrankungen oder Verjährung?

Gleich 3 Entscheidungen des EuGH brachten letzte Woche Bewegung in das Urlaubsrecht, davon betraf eine Entscheidung Fragen der Verjährung und zwei Entscheidungen beschäftigten sich mit dem möglichen Verfall von Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankten.

Nach den Vorgaben des EuGH verfällt Urlaub bekanntlich nur noch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall aufmerksam gemacht hat. Nach deutschem Recht könnten Arbeitnehmer jedoch ihre Urlaubsansprüche durch eine mögliche Verjährung verlieren. Dem hat der EuGH (Urteil v. 22.09.2022) eine klare Absage erteilt. Sofern der Arbeitgeber seine Hinweispflicht nicht erfüllt, kann er sich der (Nach-) Gewährung des Urlaubs auch nicht durch verstreichenlassen der Verjährungsfrist entziehen.

In den beiden anderen Verfahren (EuGH, Urteil v. 22.09.2022, C‑518/20 und C‑727/20), denen ebenfalls Verfahren aus Deutschland zu Grunde lagen, ging es um die Frage, ob Urlaub bei Langzeiterkrankungen nach 15 Monaten verfällt, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen ist.

Der EuGH entschied, dass der Urlaubsanspruch  unter "besonderen Umständen" verfallen könne,  um die negativen Folgen einer unbegrenzten Ansammlung von Urlaubsansprüchen nach Abwesenheit wegen Langzeiterkrankung zu vermeiden. Dies gilt allerdings nicht für Bezugszeiträume (im deutschen Recht ist der Bezugszeitraum immer ein Kalenderjahr), in denen der Arbeitnehmer zumindest teilweise (noch) gearbeitet hat.

Kurz gesagt bedeut das: Urlaub darf nach 15 Monaten durchgehender Arbeitsunfähigkeit verfallen: bei dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im laufenden (Urlaubs-) jahr kommt der Verfall aber nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten genügt hat.

MdC

25.09.2022

 

 

 

Vertretung von innewohnenden Fachkräften

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 07.09.2022 (Aktenzeichen: OVG 6 I 3/22) entschieden, dass die betriebserlaubniserteilende Behörde festlegen kann, dass für einen Platz in einer familienanalogen Einrichtung (hier Projektstelle) ein Fachkraftschlüssel von 1,2 Stellen erforderlich sei. Nach Auffassung des Gerichts ist anerkannt, dass es zu den Mindestanforderungen einer Einrichtung im Sinne des § 45 SGB VIII gehört, neben den abzudeckenden Betreuungszeiten auch Krankheitsausfälle, urlaubsbedingte Abwesenheit, Besprechungszeiten etc. zu berücksichtigen. Zudem hielt es für bedeutsam, dass verlässliche Strukturen und Mechanismen vorhanden sind, die eine kontinuierliche adäquate Betreuung und Unterbringung gerade auch bei Ausfallzeiten der innewohnenden Fachkraft und insbesondere in akuten Krisensituationen, in denen etwa ein weiterer Aufenthalt der betreuten Person im Haushalt der Fachkraft nicht mehr möglich ist, gewährleistet sind.

Da die von der Einrichtung vorgelegte Konzeption den gesetzlichen Mindestanforderungen des § 45 SGB VIII nicht genügt, weil aus ihr nicht hervorgeht, auf welche (nachvollziehbare) Weise mit Ausfallzeiten der innewohnenden Fachkraft oder mit akuten Krisensituationen umzugehen sei, war die betriebserlaubniserteilende Behörde nicht gehindert, in der Betriebserlaubnis Vorkehrungen für (etwaige) Ausfallzeiten vorzusehen - was sie in diesem Fall mit einem Stellenschlüssel von 1,2 Stellen getan hat.

Wie eine solche Vertretung denn konkret umgesetzt werden könne, dazu bieb die Entscheidung leider nebulös. Das OVG führte dazu lediglich aus:

"Der Einwand der Einrichtung, um Ausfallzeiten aufzufangen, sei es ungeeignet, pauschal und permanent 0,2 Stellenanteile vorzusehen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Zwar ist ihr zuzugeben, dass dieser Regelung im Bescheid formal auch dann entsprochen wäre, wenn etwa ganzjährig für einen Tag pro Woche oder für ein bestimmtes tägliches Stundenkontingent eine zusätzliche Betreuungskraft im Haushalt für die Betreuung zur Verfügung stünde. Der Vollstreckungsschuldner (Anm. : hier die betriebserlaubniserteilende Behörde) hat indessen deutlich gemacht, dass es bei der Regelung über die Personalvorhaltung im Bescheid vom 11. November 2021 um die Gewährleistung der Betreuung bei Ausfallzeiten gehe, so dass eine rein formale Handhabung dem Sinn und Zweck dieses Stellenanteils nicht entspräche. Damit erscheint es nicht gerechtfertigt, der im Bescheid vorgesehenen Personalvorhaltung generell die Geeignetheit abzusprechen, etwaige Ausfallzeiten zu kompensieren.
Aus Sicht des erkennenden Senats bedürfen die insoweit aufgeworfenen Fragen im Rahmen der hier nur erfolgenden summarischen Prüfung keiner abschließenden Klärung. Die mit Blick auf die Offenheit der Sach- und Rechtsfragen im Zusammenhang mit der streitigen Personalvorhaltung gebotene Folgenabwägung geht vorliegend zu Lasten der Vollstreckungsgläubigerin (Anm.: hier der Einrichtung) aus."

Arbeitsrechtlich und arbeitsschutzrechtlich hat die Entscheidung leider keine Klarheit gebracht - schade.

14.09.2022 MdC

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