Rechtsprechung

Kürzung des Urlaubs in der Elternzeit

Mit der Kürzungsmöglichkeit des Arbeitgebers für Urlaub in der Elternzeit hat sich das LAG Baden-Württemberg beschäftigt.

In den Leitsätzen führt es dazu aus:

"1. Das Fristenregime der §§ 24 Satz 2 MuSchG und 17 Abs. 2 BEEG geht § 7 Abs. 3 BUrlG vor,

2. Die Anpassung des Urlaubsanspruchs nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG an die durch die Elternzeit ausgesetzte Arbeitspflicht (Kürzungsrecht) bedarf einer rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die dem/der Arbeitnehmer/in noch während des Bestands des Arbeitsverhältnisses zugehen muss (Anschluss an BAG 19. März 2019 - 9 AZR 495/17 -),

3. Die rechtsgeschäftliche Erklärung kann im Einzelfall auch in der Übersendung einer abschließenden Entgeltabrechnung liegen, die den Urlaubsanspruch in Abweichung zu vorangegangenen und dem/der Arbeitnehmer/in zugegangenen Abrechnungen mit "Null" ausweist."

Das insodern stimmige Urteil sollte aber nicht als Freibrief verstanden werden. Eine Kürzungserklärung sollte, insbesondere für den Fall eines späteren Streits, schriftlich erfolgen.

 

Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen

Das LAG Baden-Württemberg hat sich mit Ausschlussklauseln in Arbietsverträgen befasst. In seiner Entscheidung vom 24.08.2021 (AZ 19 Sa 7/21) führt es aus:

"Eine allgemeine Geschäftsbedingung in einem Arbeitsvertrag, die eine Verfallfrist/Ausschlussfrist zum Gegenstand hat, ist nicht deshalb intransparent nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und unwirksam, weil sie Ansprüche aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausdrücklich ausnimmt, deren Erfüllung der Arbeitgeber zugesagt oder die er anerkannt oder streitlos gestellt hat. "

Die Entscheidung ist insofern zu begrüßen, als dass die Rechtsprechung  zu Ausschluss- bzw. Verfallklauseln bislang eher restriktiv ist.

Zur Eingruppierung von Hausmeistern im TVöD

Das hessische LAG hat sich in seinem Urteil vom 2.8.21 (Az 7 Sa 1252/20) mit der Eingruppierung eines (Schul-) Hausmeisters beschäftigt.

Im hier entschiedenen Fall war der Hausmeister in die Entgeltgruppe 7 des TVöD-VKA einzugruppieren. Das insodern leseneswerte Urteil enthält einige Passagen zu Eingruppierungsmerkmalen, die für diese Eingruppierung erfüllt sein müssen.

Corona-Erschwerniszulage und Gleichbehandlungsgrundsatz

Auch wenn das Urteil nur erstinstanzlich ist, war es uns doch berücksichtigungswert: Das ArbG Karlsruhe hat in seiner Entscheidung vom 8.12.2021 (Az 9 Ca 238/21) zum Gleichbehandlungsgrundsatz und zur (hier verneinten) Corona-Erschwerniszulage im Bereich des TVöD geurteilt. In den Leitsaätzen heisst es:

"1.Hauswirtschaftliche Arbeiten unter der Gefahr einer Ansteckung mit dem Corona-Virus begründen dann keinen Anspruch auf eine Erschwerniszulage aus § 19 Abs. 1 Satz 1 TVöD, wenn entsprechend § 19 Abs. 3 TVöD der Ansteckungsgefahr mit dem Tragen einer FFP2-Maske Rechnung getragen wird.

2. Allein das Tragen einer FFP2-Maske bei der Verrichtung hauswirtschaftlicher Arbeiten ist keine außergewöhnliche Erschwernis im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 TVöD, sodass dafür kein Anspruch auf eine Erschwerniszulage nach § 19 Abs. 1 Satz 1 TVöD besteht.

3. Ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz besteht dann nicht, wenn Beschäftigte zwar dieselbe Arbeit verrichten, dies aber für Arbeitgeber aus verschiedenen Branchen tun, die unterschiedliche Tarifverträge mit andersartigen Vergütungssystemen anwenden."

 

 

 

 

Geringfügig Beschäftigte: Kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn bei Lock-Down im Betrieb durch Allgemeinverfügung

Geringfügig Beschäftigte (derzeit: 450-Euro-Basis) haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Fraglich war allerdings, ob solch ein Arbeitnehmer Anspruch auf Annahmeverzugslohn hat, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb auf Grund einer behördlichen Allgemeinverfügung wegen der COVID-19-Pandemie vorübergehend schließen muss. Diese Frage hat nun der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 13.10.2021 - 5 AZR 211/21 abschließend geklärt und die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen.

 

Was war geschehen?

Der Arbeitnehmer war beim Arbeitgeber auf geringfügiger Basis beschäftigt. Dieser betreibt seinerseits einen Nähmaschinen-und-Zubehör-Handel. Wegen der Corona Pandemie erlies die Freie Hansestadt Bremen im April 2020 die „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“. Von dieser Verfügung war auch der Betrieb des Arbeitgebers betroffen. So musste er seinen Betrieb bis einschließlich zum 23.03.2020 schließen.  Für diese Zeit erhielt der Arbeitnehmer weder ein Arbeitsentgelt noch Kurzarbeiterlohn. Infolgedessen klagte er seinen Arbeitslohn in Form des Annahmeverzugslohns mit der Begründung ein, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko für die behördliche Schließungsverfügung trage.

Die ersten beiden Instanzen gaben dem Arbeitnehmer Recht. Der 5. Senat gab der Revision des Arbeitgebers statt und hob das Urteil des LAG Bremen auf.  

 

Urteilsgründe

Die obersten Richter stellten auf den weiten Personenkreis der Allgemeinverfügung ab und argumentierten, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls nicht trage, wenn durch behördliche Anordnung zum Schutze der Bevölkerung vor dem schweren und tödlichen Verlauf der Pandemie die sozialen Kontakte minimiert werden sollen. Der Arbeitgeber sei nicht konkret als einziger betroffen, sondern eine Vielzahl von Personenkreisen, sodass der Grundsatz des Betriebsrisikos im vorliegenden Fall nicht greife.

Eine Frage bleibt

Ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn durch behördliche Anordnung ein konkreter Betrieb geschlossen wird, ließ das BAG unbeantwortet. Insoweit bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung des BAG zur Corona-Pandemie und Annahmeverzugslohn entwickeln wird.

 

Sozialversicherungsrechtliche Lücke

Dieses Ergebnis ist die konsequente Anwendung der Grundsätze des Annahmeverzugs und der Regelungen aus dem Sozialversicherungsrecht. Das Ergebnis zeigt aber auch, dass es eine Lücke im Sozialversicherungsrecht gibt, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann.

20.12.2021

OK

Nachtzuschläge

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 19.10.21 (5 Sa 21/21) über die Höhe von Nachtzuschlägen entschieden. Im Leitsatz heisst es dazu:

"Im Tarifvertrag festgelegte Zuschläge für Nachtarbeit müssen nicht mindestens genauso hoch sein wie diejenigen, die von den Arbeitsgerichten im Falle fehlender tarifvertraglicher Ausgleichsregelungen einzelfallbezogen herangezogen werden. Eine tarifliche Regelung, nach der für Nachtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 15 % zu zahlen ist, verstößt weder gegen § 6 Abs. 5 ArbZG noch gegen die Richtlinie 2003/88/EG."

Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung. Über tarifvertragliche Nachtzuschläge bei Nachtbereitschaften hatten wir bereits an anderer Stelle berichtet.

Kurzarbeit-Null führt zur Reduzierung der Urlaubstage

Die COVID-19-Pandemie stellt das Arbeitsrecht vor zahlreichen neue Fragestellungen. Eine der brennenden Fragen war, ob und wie sich die sog. Kurzarbeit-"Null" auf den Urlaubsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers auswirkt.

Auf Arbeitnehmerseite wurde diese Frage mit der Begründung verneint, dass die Situation bei Kurzarbeit-"Null" nicht mit der arbeitsfreien Zeit vergleichbar sei. Der Arbeitnehmer stehe bei Kurzarbeit-"Null" nämlich auf „Abruf“ bereit und müsse während dieser Zeit zur Arbeit erscheinen, wenn der Arbeitgeber kurzfristig Bedarf melde. Der Arbeitnehmer könne also nicht, wie in der arbeitsfreien Zeit, seine Freizeit frei gestalten.

Nunmehr hat der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21 die Klage einer Arbeitnehmerin aus Essen zu dieser Fragestellung endgültig abgewiesen.

 

Was war geschehen?

Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Bäckereibetrieb, als Verkaufshilfe beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist eine Drei-Tage-Woche vereinbart. Demzufolge hat die Klägerin einen anteilsmäßigen Jahresurlaub von 14 Tagen. In den Monaten April, Mai und Oktober 2020 war die Arbeitnehmerin wegen der Corona-Pandemie vollständig von ihren arbeitsvertraglichen Pflichten befreit. In den Monaten November und Dezember 2020 hatte sie insgesamt an 5 Tagen gearbeitet.

Sodann erfolgte seitens der Beklagten eine Neuberechnung und Korrektur der Jahresurlaubstage der Klägerin. Die Urlaubstage wurden auf 11,5 Tage reduziert. Die Klägerin wehrte sich in allen drei Instanzen erfolglos gegen diese Neuberechnung.

Das Urteil

Die Richter des 9. Senats urteilten, dass die ausgefallenen Zeiten aufgrund der einzelvertraglich vereinbarten Kurzarbeit weder nach nationalem, noch nach Unionsrecht mit Zeiten der Arbeitspflicht vergleichbar seien. In einer weiteren Entscheidung (Urt. v. 30.11.2021, Az. 9 AZR 234/21) hat derselbe Senat für Recht erkannt, dass diese Grundsätze auch für wirksam abgeschlossene Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit gelten.

 

01.12.2021

OK

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