Rechtsprechung

Ordentliche Kündigung im Kleinbetrieb

In Kleinbetrieben gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Mit der Frage, welche Anforderungen trotzdem an eine Kündigung außerhalb des betrieblichen Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes  zu stellen sind, hat sich das BAG jüngst beschäftigt. Eine ordentliche Kündigung der Arbeitgeberin löst das Arbeitsverhältnis  mit Ablauf der Kündigungsfrist auf, wenn die Kündigung weder sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) noch treuwidrig (§ 242 BGB) ist. Oder, vereinfacht gesagt, geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.Einer besonderen Rechtfertigung bedarf es dagegen nicht.
 
MdC 01.02.2020

Gesetzlicher Nachtzuschlag

In  § 6 Abs. 5 ArbZG heisst es:
 
"Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren."
 
Was nun angemessen ist, hat der Gesetzgeber letztendlich der Rechtsprechung überlassen. In einem neuen Fall vor dem LAG Baden-Württemberg  ging es um die Nachtzuschläge für eine Dauernachtwache in einem Pflegeheim, die das LAG mit 20 % festgesetzt hat und die sich aus einem  Grundzuschlag für gesetzlich vorgeschriebene Nachtarbeit von 15 % und einer Erhöhung von weiteren 5 % für den Umstand der Dauernachtwache zusammensetzen.
 
Für die mögliche Übertragung auf Bereiche der Jugendhilfe ist zu beachten, dass in den wenigsten Einrichtungen Dauernachtwachen beschäftigt sind, sondern nächtliche (Schlaf-) Bereitschaften.

Nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge – und die Unterkünfte für osteuropäische Pflegekräfte

Eine Sachleistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ist (erst dann) als Entgelt anzusehen, wenn sich diese neben der Lohnzahlung erbrachte Zuwendung einerseits und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers andererseits aufgrund gegenseitiger rechtlicher Verpflichtungen und Ansprüche in der Weise gegenüberstehen, dass sie sich nach dem Willen der Beteiligten ausgleichen sollen, ohne dass sie gleichwertig sein müssen.
 
In dem hier vom  BGH entschiedenen Fall ging es um die mögliche Nichtabführung von SV-Beiträgen für Pflegekräfte aus Osteuropa, denen der Arbeitgeber Unterkünfte zur Verfügung gestellt hatte.
 
Anders als in Konstellationen, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neben dem Barlohn freie Unterkunft gewährt, handelt es sich in dem jüngst vom BGH entsciedenen Fall bei der Bereitstellung der Übernachtungsmöglichkeiten nicht um als Vergütungsbestandteil geleistete Zusatzleistungen der Arbeitgeber, sondern vielmehr um unentgeltliche Leistungen für Zwecke der jeweiligen Arbeitgeber. Diese erfüllen nicht den allgemeinen Wohnbedarf der Pflegekräfte, sondern decken einen durch das jeweilige Beschäftigungsverhältnis hervorgerufenen zusätzlichen besonderen Wohnbedarf ab, weil die unmittelbare Nähe der Pflegekräfte zu der zu pflegenden Person und deren jederzeitige Erreichbarkeit und Einsatzfähigkeit für die Erfüllung der geschuldeten Pflegeleistungen unabdingbar sind.
 
Möglicherweise treffen soclhe Konstellationen auch für einige familienähnlich tätige Einrichtungen zu.
 
 
 

Eigenanteil in der betrieblichen Altersversorgung

Im Abrechnungsverband der VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder)  haben die Arbeitnehmer (im hier entschiedenen Fall ging es um die IKK classic) nach den dort geltenden Tarifverträgen einen Eigenanteil zu ihrer betrieblichen Altersversorgung zu tragen.
Die Verweisung in den maßgeblichen Tarifverträgen auf die Satzung der VBL zur Regelung von Inhalt und Umfang der betrieblichen Altersversorgung ist rechtlich zulässig. BAG v. 21.01.2020
 
MdC 01.02.2020

Verfall von Urlaubsansprüchen

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub  nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Mit einer neuen Entscheidung dazu hat das BAG die bisherige Rechtsprechung weiter gefestigt.
 
MdC 01.02.2020

Tarifrechtliche Entscheidungen des BAG

Ein Arbeitgeber kann trotz Verbandszugehörigkeit und trotz eines für ihn gültigen Verbandstarifvertrags einen konkurrierenden oder ergänzenden Firmentarifvertrag abschließen. Das gilt unabhängig davon, ob die allgemeinen Verbandstarifverträge eine Öffnungsklausel für einen Firmentarifvertrag enthalten. Mit dieser Entscheidung des BAG vom 18.09.2019  wird noch einmal herausgestellt, dass Arbeitgeber auch im Falle der Zugehörigkeit zu einem Arbeitgeberverband weiterhin Haustarifverträge schließen können. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Erhalt des Status quo in dem Sinne, dass eine tarifvertragliche Regelung nicht durch eine andere, für ihn ungünstigere ersetzt wird.

 

Dass ein Arbeitgeberverband sich auf Grundrechte berufen kann war nie umstritten. In einem interessanten Fall hat das BVerwG allerdings anders entschieden. Hier war es allerdings auch ein Arbeitgeberverband, der mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragen war und sich auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit berufen hat. Das Gericht führte dazu aus, dass der Staat die Grundrechte der Bürger zu gewährleisten hat; er kann sich nicht selbst auf sie berufen. Das gilt unabhängig von der Wahl öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsformen für alle staatlich beherrschten Zusammenschlüsse.

Kein Grundrechtsschutz für überwiegend von der öffentlichen Hand getragenen Arbeitgeberverband

Ein mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragener Arbeitgeberverband kann sich nicht auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit berufen.
Als juristische Person des Privatrechts, deren Mitglieder mehrheitlich Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sind, ist er staatlich beherrscht und kann deshalb nicht Träger von Grundrechten sein. Der Staat hat die Grundrechte der Bürger zu gewährleisten und kann sich nicht selbst auf sie berufen. Das gilt unabhängig von der Wahl öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsformen für alle staatlich beherrschten Zusammenschlüsse.
 
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts v. 12.12.2019 (8 C 8.19) liegt bislang noch nicht im Volltext vor.

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