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Noch einmal: Aufzeichnungspflicht von Arbeitsstunden

Zur Aufzeichnungspflicht von Arbeitsstunden hatten wir hier erst vor ein paar Tagen berichtet. Nun hat auch die Fachgruppe Arbeitsrecht der Neuen Richtervereinigung (NRV) zu den aktuellen Auswirkungen der Entscheidung des EuGH zu Arbeitszeitaufzeichnungen Stellungnahme.

Unter anderem stellte sich die Frage, ob schon jetzt vor einem Tätigwerden des Gesetzgebers Betriebsräte oder Arbeitnehmer sich auf eine Pflicht des Arbeitgebers berufen könnten, ein System der Arbeitszeitaufzeichnung einzuführen. Nach Auffassung der Richtervereinigung spreche dafür, dass hinsichtlich des Urlaubsrechts wegen der Verankerung in Art 31 Abs. 2 GRCh eine solche horizontale Wirkung zwischen Privatpersonen angenommen werde. Die hier relevanten Arbeitsschutzbestimmungen seien im gleichen Grundrecht angesiedelt. Daher habe auch der Generalanwalt angenommen, dass eine solche horizontale Wirkung bestehe.

Des Weiteren wies die Richtervereinigung darauf hin, dass der EuGH die Aufgabenstellung der zuständigen Kontrollbehörden noch einmal betont hat. Die tatsächliche Kontrolldichte liege aber nach Auskunft der Bundesregierung nur zwischen 0,5% und 3,4% jährlich. Eine effektive Behördentätigkeit werde man hierin nicht erblicken können.

Es wird aus unserer Sicht voraussichtlich zu einer Stärkung der Kontrollbehörden in den Bundesländern kommen (meist sind dies die Gewerbeaufsichtsämter bzw. Ämter für Arbeitsschutz etc.).

Konzertierte Aktion Pflege

Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte sollen sich nun nach einer Mitteilung des BMAS schnell und spürbar verbessern. Das ist Ziel der Konzertierten Aktion Pflege, die unter der Leitung von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt ihre Ergebnisse vorgelegt hat. Danach soll bundesweit nach Tarif bezahlt, ein am Bedarf orientierter Personalschlüssel eingeführt, die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte beschleunigt und die Zahl der Auszubildenden und Ausbildungseinrichtungen gesteigert werden.

Beschäftigungspflicht von Schwerbehinderten

Im bestehenden Arbeitsverhältnis können Schwerbehinderte von ihrem Arbeitgeber bis zur Grenze der Zumutbarkeit die Durchführung des Arbeitsverhältnisses entsprechend ihrer gesundheitlichen Situation verlangen. Eine Beschäftigungsgarantie ergibt sich daraus allerdings nicht, da der Arbeitgeber durchaus eine unternehmerische Entscheidung treffen kann, welche den bisherigen Arbeitsplatz wegfallen lässt. Der Beschäftigungsanspruch ist dann erst wieder hinsichtlich möglicher Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu berücksichtigen.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Wir hatten erst kürzlich über das neue Urteil des EuGH hinsichtlich der Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung berichtet.

Die Konsequenzen daraus sind noch nicht ganz klar. Während einige Kommentatoren davon ausgehen, dass das Urteil keine Auswirkungen auf private Arbeitgeber hat (z.B. bei Hensche), sehen andere Kommentatoren (z.B. bei juris)  das Urteil kritischer und gehen davon aus, dass Arbeitgeber bereits JETZT verpflichtet sind, entsprechende Aufzeichnungen zu führen.

Hintergrund ist, dass europäische Richtlinien (so wie in diesem Fall die europäische Arbeitszeitrichtlinie) zwar vom nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden müssen, aber bis zu diesem Zeitpunkt nicht für private Arbeitgeber gelten. Hier liegt der Fall aber auch unseres Erachtens anders, da die Begrenzung der Arbeitszeit ein europäisches Grundrecht ist, welches in Art. 31 GrCh (Grundrechtecharta) verankert ist.

Wir schließen uns daher der Auffassung von juris an, derzufolge Art. 31 Abs. 2 GRCh individuelle Rechte begründet, die nach Art. 47 Abs. 1 GRCh i.V.m. Art. 51 Abs. 1 GRCh aufgrund der sekundärrechtlichen Präzisierung vor jedem nationalen Gericht geltend gemacht werden können. Beschäftigte können daher vom Arbeitgeber verlangen, dass er nach § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen ein die Mindestanforderungen erfüllendes System festlegt.

 

EuGH zur Erfassung von Arbeitszeiten

Der EuGH hat heute ein wichtiges Urteil zur Erfassung der Arbeitszeit von Arbeitnehmern gefällt. Demnach ist eine nationale Regelung, die nach ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte die Arbeitgeber nicht verpflichtet, ein System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann, unvereinbar mit der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie und der Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer.

Die vorläufige Fassung des Urteils wurde bereits heute veröffentlicht und kann als pdf hier heruntergeladen werden.

Mit den möglichen Auswirkungen werden wir uns in den kommenden Tagen beschäftigen und dann weiter berichten.

 

Anm. v. 21.05.2019: Auf Grund der zahlreichen Kommentierung in Rundfunk und Fernsehen sowie der einschlägigen Rechtsdatenbanken verzichten wir hier vorerst auf eine weitere Auseinandersetzung mit dem Urteil. Eine gute Übersicht findet sich hier.

 

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